Der Mitte-Nationalrat Simon Stadler schaut auf die Frühjahrssession der eidgenössischen Räte zurück. Der Urner kämpft für eine staatliche E-ID, für Regeln im Jugendschutz und für eine vernünfige Agrarpolitik - insbesondere auch für das Berggebiet.
Unter der Bundeshauskuppel herrscht selten Harmonie, dennoch hat mir die Frühjahrsession des Nationalrats gezeigt, dass Zusammenarbeit über alle Parteigrenzen hinweg bestens funktionieren kann. Am 7. März hatte das Schweizer Stimmvolk sich ganz deutlich gegen die elektronische ID (E-ID) ausgesprochen. Offenbar war die Mehrheit der Bevölkerung der Ansicht, dass wir die Verwaltung der elektronischen Identitäten nicht privaten Firmen überlassen sollten. Die E-ID soll zur Staatsaufgabe werden. Unmittelbar nach der Abstimmung haben nun Nationalrätinnen und Nationalräte von links bis rechts gleichlautende Motionen eingereicht, welche genau dies fordern. Ich habe diese Motion als Vertreter der Mitte-Fraktion eingereicht. Wie meine Ratskolleginnen und -kollegen bin ich überzeugt, dass wir im Alltag nicht mehr um eine elektronische Identifizierung herumkommen. Doch der Bund soll über unsere Identitäten wachen und nicht irgendwelche privaten Firmen.
In der Frühjahrsession befasste sich der Nationalrat auch mit dem Jugendschutz. Als Fraktionssprecher durfte ich mich im Name der Mittefraktion für diese Vorlage einsetzen. Der Nationalrat will, Minderjährige künftig besser vor verstörenden Inhalten in Videospielen oder Filmen schützen. Doch bis heute gibt es in der Schweiz keine einheitlichen Regelungen dafür. Im Zeitalter von Youtube und Internet sind viele Eltern zudem überfordert. Sie können nur schwer kontrollieren, welche Medien ihre (jugendlichen) Kinder konsumieren, welche Games sie spielen oder welche Filme sie schauen. Ein neues Gesetz soll die Eltern unterstützen, indem es die Game- und Filmbranche mit in die Pflicht nimmt. Gerade als Vertreter einer jüngeren Generation befürworte ich ein solches Gesetz. Der Nationalrat trat denn auch mit grossem Mehr auf die Vorlage ein.
Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat die Vorlage zur Agrarpolitik 22+ sistiert. Das Parlament fordert stattdessen eine Gesamtschau für die Schweizer Landwirtschaft. Es muss ein Ziel der künftigen Politik sein, den Selbstversorgungsgrad unseres Landes hochzuhalten. Schliesslich hatte das Stimmvolk vor vier Jahren entschieden, die Ernährungssicherheit in der Bundesverfassung zu verankern und einen Selbstversorgungsgrad von 60 Prozent anzustreben. Der Bundesrat sah aber in der Vorlage zur Agrarpolitik 22+ nun vor, den Selbstversorgungsgrad um 4 Prozent auf 52 Prozent zu senken. Das geht natürlich so nicht! Gerade die aktuelle Corona-Krise zeigt deutlich, wie abhängig die Schweiz vom Ausland ist. Die künftige Agrarpolitik muss deshalb die Selbstversorgung unseres Landes stärker in den Fokus rücken und somit auch der Landwirtschaft langfristigere Perspektiven bieten.
Einmal mehr erhitzte der Wolf in den vergangenen Wochen die Gemüter im Bundeshaus. Zur Erinnerung: Am 27. September 2020 hatte das Stimmvolk ganz knapp das geplante Jagdgesetz abgelehnt. Dabei hatten die grossen Agglomerationen regelrecht die betroffenen Bergkantone überstimmt. In Uri hatte sich die Bevölkerung sogar mit fast 70 Prozent für die Vorlage ausgesprochen. Dennoch ist für den Nationalrat klar: Jetzt muss gehandelt werden. Die Wolfspopulation in den Schweizer Alpen wächst stetig und Wölfe reissen immer mehr Nutztiere. Der Nationalrat forderte deshalb nun vom Bundesrat, den Handlungsspielraum im Jagdgesetz auszunutzen. Verhaltensauffällige Wölfe und solche, die grossen Schaden anrichten, müssen künftig schneller abgeschossen werden. So wie es jetzt läuft, kann es nicht weitergehen.
Die Pandemie dominiert leider weiterhin unseren Alltag – auch im Bundeshaus. Regelmässige Corona-Tests gehörten in der Frühjahrsession fest zum Programm. Die Debatten zum Covid-19-Gesetz verlief zwar hitzig, wurde aber im Eilzugstempo behandelt. Dabei hat das Parlament bewusst auf einen Maulkorb für die Taskforce verzichtet. Solche Maulkörbe braucht es lediglich in Diktaturen. In einer Demokratie ist es nicht nötig, dass das Parlament Informationen filtern muss. Unsere Bürgerinnen und Bürger sind mündig genug. Die Bevölkerung übernimmt seit dem Beginn der Pandemie denn auch grosse Verantwortung. Auch wir Parlamentarierinnen und Parlamentarier haben eine Verantwortung zu tragen. Deshalb haben wir nun weitere Gelder für die Unterstützung der Wirtschaft und für eine Teststrategie beschlossen. Ich bin zudem überzeugt, dass wir dank den Impfungen schon bald weitere Lockerungen ermöglichen können. Doch dazu braucht es alle. Für mich ist daher klar: Auch ich werde mich impfen lassen, sobald meine Generation an der Reihe sein wird..
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